Korsika - ein Starkwindrevier?

                                                    (alle Abbildungen vergrößern durch Anklicken)

Trotz des überwiegend angenehmen Wetters wird das Mittelmeer häufig von plötzlichen extremen Wetterereignissen heimgesucht - auch im Sommer. Ein paar Kartenskizzen und Anmerkungen können helfen, das Wettergeschehen rund Korsika und im westlichen Mittelmeer besser zu verstehen und  zu nutzen.

                        In  der  Mitte  -  Das  Mittelmeer
Das Mittelmeer ist umgeben von einer beinahe geschlossenen Barriere von Gebirgen mit Gipfelhöhen zwischen 1500 und nahe 5000 m.  Diese rufen eine relative Isolation der mediterranen gegenüber den umgebenden Luftmassen hervor.

Die Lage des Mittelmeeres auf unserem Planeten ist zudem in gewisser Hinsicht einzigartig. Es liegt mitten zwischen zwei großen kontinentalen Landmassen, dem eher kühlen EurAsien und dem heißen Nordafrika.  Es gerät im ständigen Wechsel unter den Einfluss der kühlen feuchten Westwindzone einerseits und des heißen trockenen subtropischen Hochdruckgürtels andererseits.

Außerdem hat das Mittelmeer eine Besonderheit, die auch für das Wettergeschehen nicht ohne Bedeutung ist: es ist das einzige Meer, wo die Wassertemperaturen nicht unter 13° absinken - auch nicht in Wassertiefen von 2000 oder 3000 m, wo die anderen Ozeane nur etwa 4° aufweisen.

Das alles führt dazu, dass sich über dem Meer regelmäßig eine 1500 - 2000 m hohe mediterrane Luftschicht herausbildet, (relativ) warm und feucht von Herbst bis Frühling und (relativ) kühl und feucht im Sommer.

Durch das Eindringen ´fremder´ Luftmassen, sei es durch Kaltluftvorstöße aus nördlichen Richtungen, sei es durch Heißluftvorstöße aus südlichen Richtungen, wird dieser ´Luftsee´ immer wieder aufs Neue aufgemischt und in Bewegung versetzt. Hier liegt der Ausgangspunkt der plötzlichen extremen Wetterereignisse, für die das Mittelmeer – vor allem das westliche Becken – berüchtigt ist.

 

                                          Genuatief  und  Mistral

Der Druck beispielsweise von atlantischen Luftmassen aus Nordwesten gegen die Gebirgsbarrieren ruft im Lee dieser Gebirge immer wieder aufs neue die sogenannten Lee-Tiefdruckgebiete hervor, die sich innerhalb von Stunden herausbilden und weiter vertiefen und zum Ausgangspunkt der plötzlichen Starkwindausbrüche im Mittelmeer - darunter vor allem des Mistral - werden . So hat der Mittelmeerraum die weltweit höchste Konzentration von neu entstehenden Tiefdruckgebieten, die sich so schnell herausbilden und so aktiv sind, das sie immer wieder zu plötzlich hereinbrechenden Perioden mit sehr unruhigem Wetter und in der Summe zu einem ausgesprochen launischen und wechselhaften Windregime führen.

 

                               Die windigsten Ecken
Cap Corse / Balagne und Die Strasse von Bonifacio gehören zu den windreichsten Ecken nicht nur Korsikas sondern darüber hinaus des gesamten westlichen Mittelmeeres – auch im Sommer. (Übertroffen höchstens noch von dem Seegebiet vor Cap Béar an der spanisch-französichen Grenze .) 

Im Winter gehört der Golfe de Lion (im weitesten Sinne das Seegebiet zwischen Korsika / Nordsardinien und der Provence) gar zu den gefährlichsten und sturmreichsten Gebieten der Weltmeere (O-ton Bobby Schenk).

 

                                  Flauten  rund  Korsika
Aber Korsika ist – vor allem zwischen Mai und Oktober  – durchaus nicht immer und überall ein Starkwindrevier. Im Gegenteil . Abgesehen von Cap Corse / Balagne und der Strasse von Bonifacio kommt es auch rund Korsika im Sommer zu den bekannten und gefürchteten (von manchen Seglern klammheimlich geliebten) ausgedehnten Flauteperioden.  Sei es weil sich ein ´marais barométrique´    herausgebildet hat, oder sei es wegen einer lang andauernden Hochdruckwetterlage mit ´grand beau temps´ (´großes schönes Wetter´), wie der französische Wetterbericht das nennt.

In den Tagen - oder Wochen - der Flaute herrschen rund Korsika aber keineswegs ständig ´calme plat´ (´Meer Badewanne´) oder ´mer d´huile´ (´Meer wie Öl´) . Dafür sorgt die kräftig entwickelte Walze von See- und Landwind, die die Sonne rund um dieses ´Gebirge im Meer´ herum in Bewegung setzt, solange eine ruhige Großwetterlage Raum dafür läßt.

 Der Seewind erhebt sich mit der höher steigenden Sonne im Sommer spätestens gegen 10-11 Uhr und kann am Nachmittag in Küstennähe beträchtliche Stärke erreichen. Lokal sind 5-6 Beaufort (und mehr) durchaus möglich. Diese  ´Nachmittagsbrise´ greift allerdings selten weiter als ein paar Meilen aufs Meer hinaus, ist oft schon an den größeren Caps draußen deutlich schwächer als etwa hinten in den großen Golfen. Sie schläft mit der niedergehenden Sonne dann bald ein und auch die unangenehm steile und agressive Windsee beruhigt sich dann sehr schnell.

Der Landwind bei Nacht ist viel schwächer und wirft so gut wie keine Windsee auf. Bleibt der Landwind mit seinen Macchia -Düften nach einer längeren Hochdruckwetterlage eines Nachts dann ganz aus, kann das als ein erstes Anzeichen dafür angesehen werden, dass  die Großwetterlage im Begriff ist sich zu ändern. Ein voll entwickeltes, kräftiges System der tags und nachts sich abwechselnden thermischen Winde ist hingegen meist ein deutliches Zeichen für das weitere Andauern einer stabilen Hochdruckwetterlage.

 

                        Lokale  Winde im  Mittelmeer

Die einzigartige Geographie dieses Meeresbeckens führt dazu, dass die meisten Starkwinde und Stürme zur Kategorie der lokalen Winde (Mistral, Tramontane, Libeccio, Scirocco, Ethesian / Meltemi, Bora, Shamsin) gehören und in Stärke, Richtung und Verlauf sehr stark durch die lokalen  Bedingungen geprägt sind. Das Runden des nächsten Kaps kann daher rund Korsika gelegentlich in radikal andere Windverhältnisse führen. Skipper, die die Eigentümlichkeiten dieses Reviers nicht verstehen und nicht hinreichend berücksichtigen, können sich schnell  “in Deubels Küche” wiederfinden.

 

 

.

home

top

top

top

top

top

top

top